2024 war ein herausforderndes Jahr für die österreichische Außenwirtschaft

Im abgelaufenen Kalenderjahr dürften die österreichischen Güterexporte um 2,9% und die Importe um 4,9% gesunken sein. Die Warenhandelsbilanz hat sich verbessert und dürfte das erste Mal seit 2007 einen Überschuss erzielen.  Für heuer und im nächsten Jahr prognostiziert das FIW ein preisbereinigtes Exportwachstum von 1,4% und 2,3% wobei die Abwärtsrisiken wie etwa die notwendigen Budgetkonsolidierungen in Europa und die protektionistische Handelspolitik des neuen US-Präsidenten überwiegen.

Der „Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft“ (FIW) veröffentlichte am Mittwoch, den 19. Februar 2025 sein sechstes Jahresgutachten zur „Lage der österreichischen Außenwirtschaft“. Neben den aktuellen internationalen Rahmenbedingungen präsentiert das Autor:innenteam eine kurzfristige Prognose der österreichischen Außenhandelsentwicklung für die Jahre 2025 und 2026. Zudem werden mittelfristige Trends beleuchtet, die das globale Wirtschaftsgeschehen und das regelbasierte globale Handelssystem nachhaltig prägen könnten. Im Zentrum der Diskussion stehen die möglichen Folgen der Präsidentschaft von Donald Trump für das regelbasierte Welthandelssystem und es wird der Frage nachgegangen, wie die EU und andere wichtige Handelspartner auf die US-Politik reagieren könnten.

Das Kalenderjahr 2024 stellte die österreichische Außenwirtschaft vor größere Herausforderungen. Im Jahr 2024 dürfte der Gesamtexport von österreichischen Waren und Dienstleistungen um 2,9% zurückgehen, wobei die Warenexporte 2024 real um 4,5% sinken dürften. Hauptursachen waren die anhaltende Industrierezession in Europa, die schwache Wirtschaftsentwicklung in Deutschland – dem wichtigsten Exportmarkt – sowie ein Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Warenherstellung. Die Dienstleistungsexporte zeigen sich vergleichsweise robust, was auf einen starken Tourismusexport zu Jahresbeginn, die Transportdienstleistungen sowie die unternehmensbezogenen Dienstleistungsexporte zurückzuführen ist.

Die Warenhandelsbilanz verbesserte sich laut vorläufigen Daten bis September 2024 um 8,6 Mrd. € und bringt für 2024 einen Handelsbilanzüberschuss. Diese Verbesserung wird von einem positiven Terms-of-Trade-Effekt begleitet. Mit dem weitaus stärkeren Einbruch der Importe als der Exporte belief sich die Warenhandelsbilanz bis zum 3. Quartal 2024 auf +3,5 Mrd. Gemäß Daten der Statistik Austria ist für das Gesamtjahr 2024 eine stark positive Terms-of-Trade-Verbesserung um 3,9% zu erwarten.

Für die Jahre 2025 und 2026 prognostiziert das Jahresgutachten eine moderate Erholung der österreichischen Exporte und Importe. Die preisbereinigten Warenexporte dürften 2025 um 1,5% und 2026 um 2,0% wachsen. Das Gesamtexportwachstum dürfte 1,4% für 2025 und 2,3% für 2026 erreichen. Für die realen Gesamtimporte von Waren und Dienstleistungen wird ein Wachstum von 1,7% im Jahr 2025 und 2,3% im Jahr 2026 prognostiziert.  Die Terms-of-Trade dürften sich vor allem aufgrund der Abwertungstendenz des Euro gegenüber dem US-Dollar im Jahr 2025 wieder verschlechtern und 2026 unverändert bleiben

Die Prognosen für 2025 und 2026 sehen sich mit einer Reihe von Abwärtsrisiken konfrontiert. Die größten Risiken für die Prognose ergeben sich aus den notwendigen Budgetkonsolidierungen in den wichtigsten europäischen Volkswirtschaften und deren potenziellen Auswirkungen auf die Industrie- und Investitionskonjunktur in Europa. Weitere Unsicherheiten entstehen durch die fiskal- und handelspolitischen Maßnahmen des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Insbesondere seine zum Teil bereits in Kraft gesetzten aber teilweise ausgesetzten Zölle gegen zentrale Handelspartner wie Mexiko und Kanada bzw. die geplanten Zölle auf alle Stahl- und Aluminiumimporte der USA könnten erhebliche handelspolitische Spannungen auslösen.

Einfache politische Lösungen für diese Herausforderungen sind nicht in Sicht. Die zentrale Rolle der USA in der Weltwirtschaft bedeutet, dass ein umfassender Bruch mit den bestehenden Handelsregeln spürbare und weitreichende Folgen für die gesamte Weltwirtschaft haben wird. Dennoch kann und sollte die EU im eigenen Interesse Maßnahmen ergreifen und welthandelsregelkonform auf mögliche Initiativen von Donald Trump reagieren. Eine stärkere Diversifizierung der Handelsbeziehungen und neue Handelsabkommen, etwa mit Mercosur-Staaten, könnten Europas Wirtschaft stärken. Die WTO sollte für die EU weiterhin eine zentrale Rolle einnehmen, auch wenn institutionelle Schwächen dessen Handlungsfähigkeit einschränken.

Bei all den handelspolitischen Herausforderungen darf jedoch die Frage nach der mittel- bis langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft nicht außer Acht gelassen werden. Der Ende Jänner 2025 vorgestellte „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ mit seinem „Rettungsplan“ schlägt ein erstes Maßnahmenbündel vor, welches sich explizit mit dem Thema der europäischen Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext und vor allem gegenüber den USA und China beschäftigt.

Das FIW-Jahresgutachten steht Ihnen hier zum Download zur Verfügung.

Wien, am 19. Februar 2025

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Herausgeber ist das Kompetenzzentrum „Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft“ (FIW).   Das FIW bietet eine Forschungsplattform, Informationen zu außenwirtschaftsrelevanten Themen sowie den Zugang zu volkswirtschaftlichen Datenbanken. Das Kompetenzzentrum FIW ist ein Kooperationsprojekt der Wirtschaftsuniversität Wien mit der Universität Wien, der Johannes-Kepler-Universität Linz, der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck, des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung und des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Es wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) finanziert. Das Jahresgutachten wurde aus Mitteln des BMAW gefördert. Alle Rechte vorbehalten. Jeder Teil des Inhalts dieses Gutachtens kann unter Bezugnahme auf die Quelle zitiert werden.   Für die Inhalte sind die Autorinnen und Autoren verantwortlich.  
 
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